erstellt am 05.10.2024
Sonne im Turbo-Modus
In der vergangenen Woche zeigte sich die Sonne sehr aktiv. Der solare Flux schnellte in die Höhe und erreichte am Ende der Woche mit 312 Einheiten einen neuen Rekord. Auf der sichtbaren Sonnenseite konnte ein Gürtel von aktiven Regionen beobachtet werden.
Besonders bemerkenswert war die Region AR 3842, die am späten Dienstagabend den zu diesem Zeitpunkt zweitstärksten Flare des Zyklus, einen X7, produzierte. Der zweite Platz hielt aber nur zwei Tage, denn bereits am Donnerstag setzte sich ein X9-Flare an die Spitze des aktuellen Zyklus Nr. 25. Wir befinden uns im solaren Maximum.
Die X9-Sonneneruption ereignete sich um die Mittagszeit, als die Sonnenfleckenregion AR3842 der Erde zugewandt war. Ein Kurzwellenhörer berichtete in der Facebook-Gruppe „A-DX Fernempfang“, dass im 19-m-Band plötzlich alle Stationen weg waren und erst nach etwa einer halben Stunde langsam wieder zurückkehrten. Dabei zeigten die Signale kurzzeitig leichte Frequenzschwankungen - wie bei einem Dopplereffekt.
Die Ursache für den Empfangsausfall ist in rund 60 Kilometern Höhe in der Region D zu suchen. Sie schützt Tiere und Menschen unter anderem vor der gefährlichen Röntgenstrahlung der Sonne. Die D-Region wird durch die Röntgenstrahlung ionisiert, was die Röntgenphotonen ihre Energie kostet. Was für das Leben auf der Erde gut ist, ist für die Kurzwellenausbreitung schlecht. Denn die D-Region „schluckt“ sozusagen die kurzen Wellen. Das nennt man dann „Shortwave Fadeout“ oder auch „Radio Blackout“, wir kennen das Phänomen auch als „Mögel-Dellinger-Effekt“. Er macht sich bei niedrigen Frequenzen stärker bemerkbar als bei höheren.
Manchmal wird in diesem Zusammenhang auch von einem "Röntgenblitz" gesprochen. Nun, bei einer Sonneneruption entstehen bei einem solchen "Flare" neben Strahlung auch hochenergetische Teilchen. Diese brechen jedoch von ihrem Entstehungsort etwas oberhalb der Sonnenoberfläche in alle Richtungen aus. Ein Teil trifft dabei auf die Sonne selbst und wird abgebremst. Die kinetische Energie, die die Teilchen dabei verlieren, geben sie größtenteils in Form von Röntgenstrahlung ab. So entsteht ein Röntgenblitz. Dieser bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit und erreicht die Erde noch vor den hochenergetischen Teilchen, in nur etwa acht Minuten.
Wird nun die D-Region durch den Röntgenblitz ionisiert, so verhindert sie, dass elektromagnetische Wellen im Kurzwellenbereich die E- oder F-Region erreichen. Und genau das führt dann zu den gefürchteten "Radio Blackouts". Das heißt: Die Ausbreitung ist für einige Stunden gestört.
Neben dem „Radio Blackout“ erzeugte der X9-Flare unter anderem einen „Type 4 Radio Burst“. Dabei handelt es sich um eine extrem breitbandige Radiostrahlung, die über fast 15 Minuten von 50 MHz bis weit in den GHz-Bereich messbar und bei etwa 400 MHz am stärksten war.
Eine weitere Begleiterscheinung solcher Flares sind koronale Masseauswürfe. Die beiden starken Sonneneruptionen (X7 und X9) und eine Reihe kleinerer M-Flares haben CMEs in Richtung Erde geschleudert. Ein Modell der NOAA zeigt, dass sie unseren Planeten bis einschließlich 7. Oktober treffen oder streifen werden. Die NOAA-Wissenschaftler erwarten starke magnetische Stürme bis zur Klasse G3.
Weitere aktive Regionen werden von der Rückseite der Sonne erwartet, so dass der solare Fluss in den nächsten Tagen sehr hoch bleiben wird. Der Anstieg der MUF in Richtung Herbst und Winter setzt sich fort, mittags werden bereits wieder Werte über 35 MHz erwartet. 10/11 Meter öffnen praktisch mit Sonnenaufgang, tagsüber sind alle oberen Bänder nutzbar. Auch nachts wird die Grenzfrequenz durch die erhöhte Sonnenaktivität angehoben, so dass das 22- und das 19-m-Band oft wieder die ganze Nacht für DX geöffnet bleiben.
Die derzeit stürmische Magnetik wird dem einen Dämpfer verpassen, so dass zumindest bis Anfang der Woche mit reduzierten MUFs und hohen Rauschpegeln zu rechnen ist. Es sei denn, es kommen weitere Flares und Masseauswürfe hinzu, die das Magnetfeld weiter aufwühlen. Das Potential dafür ist im Moment jedenfalls hoch und ein Blick in den täglichen Radio-Wetterbericht z.B. auf darc.de besonders empfehlenswert.
Allen einen störungsfreien Empfang, bis zum nächsten Samstag, 73 de Tom DF5JL - mit aktuellen Informationen von DK0WCY, SWPC/NOAA, NASA, USAF 557th Weather Wing, STCE/KMI Belgien, IAP Juliusruh, SANSA South African National Space Agency, WDC Kyoto, GFZ, Met Office UK, DL1VDL/DL8MDW/DARC-HF-Referat, FWBSt EU/DF5JL
Aus technischen Gründen wird der SFI oben nur mit 250 angezeigt, der Wert liegt jedoch bei 291.