erstellt am 07.12.2024
Die „Gnevyshev-Lücke“
Die Sonne war diese Woche gering bis mäßig aktiv, die Geomagnetik überwiegend ruhig. Damit gab es sowohl gute DX-Bedingungen auf den unteren wie auch oberen Bändern. Allerdings nähern wir uns der Wintersonnenwende, das heißt, zwischen Sonnenuntergang und -aufgang liegen nur noch rund acht Stunden, was die Zeiten deutlich einschränkt, auf denen die Bänder oberhalb 21 MHz öffnen: Das 11-m-Band kommt tagsüber derzeit auf rund achteinhalb bis neun, 13 Meter auf etwa neuneinhalb bis zehn Stunden.
Immerhin werden aktuell keine auf die Erde gerichteten CMEs erwartet. Der solare Flux pendelt auch die nächsten Tage um 175 Einheiten, mit steigender Tendenz gegen Ende der kommenden Woche. Lediglich müssen wir zum 9./10. Dezember mit einer gesteigert aktiven Geomagnetik rechnen (Kp 3-4). Ursache dafür ist schneller Sonnenwind aus einem koronalen Loch in der nördlichen Sonnenhemisphäre. Das dürfte dann die Ausbreitungsbedingungen auf den unteren Bändern (75/60/49 m) einschränken.
Apropos Hemisphären: Nach Angaben des Königlichen Observatoriums von Belgien (WDC-SILSO) überwiegen derzeit die südlichen Sonnenflecken die nördlichen im Verhältnis 4:1. Es ist bereits der sechste Monat in Folge, in dem der Süden den Norden deutlich überflügelt. Ja, richtig gelesen, die Sonnenflecken verteilen sich auf den beiden Hemisphären der Sonne recht ungleichmäßig. Sonnenphysiker nennen dieses Phänomen die „Gnevyshev-Lücke“: Das solare Maximum auf der Nordhalbkugel der Sonne kann sich dabei um bis zu zwei Jahre vom solaren Maximum im Süden unterscheiden. Es kann also sein, dass sich das bisherige Maximum im August bzw. Oktober 2024 mit einem solaren Fluxindex von mehr als 300 Einheiten noch einmal wiederholt. Wenn das keine guten Nachrichten sind!
Die schlechte Nachricht: Ein Rohrbruch und eine anschließende Überschwemmung im Joint Science Operations Center der Stanford University haben zu erheblichen Schäden an den Datenservern geführt. Die Reparaturen werden nicht vor 2025 abgeschlossen sein. Dadurch besteht keine Möglichkeit, auf die Daten und Sonnenbilder des Solar Dynamics Observatory der NASA zuzugreifen, das seit 14 Jahren zuverlässig alle 10 Minuten hochaufgelöste Bilder unseres Sterns in mehreren Wellenlängen liefert - mehr als 1 Terabyte Daten jeden Tag. Auch die seismologischen Messungen des GONG-Netzwerks sind offline. Immerhin füllen bei den Bildern viele erfahrene Amateurastronomen auf der ganzen Welt die Lücke aus und nehmen täglich Bilder von der Sonne auf.
Und so wird es auch weiterhin diesen wöchentlichen Funkwetterbericht in gewohnter Qualität geben.
Allen einen vor allem störungsfreien Empfang, bis zum nächsten Samstag, 73 de Tom DF5JL - mit aktuellen Informationen von DK0WCY, SWPC/NOAA, NASA, USAF 557th Weather Wing, STCE/KMI Belgien, IAP Juliusruh, SANSA South African National Space Agency, WDC Kyoto, GFZ, Met Office UK, DL1VDL/DL8MDW/DARC-HF-Referat, FWBSt EU/DF5JL